"In allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) sowie in Island, Liechtenstein, Norwegen (Europäischer Wirtschaftsraum – EWR) und der Schweiz haben Versicherte bei vorübergehenden Aufenthalten Anspruch auf medizinisch notwendige Leistungen."
Man kann also mit seiner EHIC (European Health Insurance Card) überall in Europa zum Arzt gehen (genauer gesagt: im Schengen-Raum). Da stellt man sich als Verbraucher die Frage: Warum sollte ich dann bei Reisen innerhalb Europas für eine private Auslandskrankenversicherung Geld ausgeben?
Die Gründe hierfür stehen auf der oben zitierten Seite des Bundesgesundheitsministeriums - um diese Gründe zu finden, muss man allerdings ein wenig zwischen den Zeilen lesen. Das wollen wir im Folgenden tun.
Wir erklären in diesem Artikel, warum die Auslandskrankenversicherung absolut notwendig ist bei Reisen und Auslandsaufenthalten. Für Ihren Urlaub empfehlen wir Ihnen diese Reiseversicherungen.
Was man über die gesetzliche Krankenversicherung wissen sollte
Die oben genannte Webseite des Bundesgesundheitsministeriums bietet sehr gute Informationen zum Thema "Gesetzliche Krankenversicherung im Ausland", aber die konkrete Bedeutung einiger Aussagen erschließen sich dem Verbraucher nicht auf den ersten Blick.
"Grundsätzlich werden die Leistungen der GKV nur im Inland erbracht."
Schon die Zweitüberschrift im Artikel des Bundesgesundheitsministeriums erwähnt eine sehr wichtige Sache. Die leider nicht näher erläutert wird. Gemeint ist: Die primäre Aufgabe der gesetzlichen Krankenkassen ist es, dem Staatsbürger eine angemessene gesundheitliche Versorgung zu gewähren - und zwar in seiner Heimat. Nicht unbedingt im Ausland.
Diese gesundheitliche Versorgung im Heimatland umfasst natürlich sowohl dringende, unaufschiebbare Behandlungen, d.h. solche, die zeitnah durchgeführt werden müssen, z. B. bei Zahnschmerzen, Sportverletzungen oder Unfällen, als auch Maßnahmen zur Erhaltung der Gesundheit, wie z. B. Vorsorgeuntersuchungen, Therapien oder Impfungen.
Die GKV zahlt für unaufschiebbare Behandlungen im Ausland, aber nicht für aufschiebbare. Aber woher weiß man als Verbraucher, ob eine Behandlung als "unaufschiebbar" gilt? Welche Probleme dadurch entstehen, erklären wir gleich.
"Die Kosten werden jedoch nur bis zu der Höhe übernommen, wie sie bei einer inländischen Behandlung erstattet werden."
Das bedeutet: Wenn Sie im Ausland eine Behandlung benötigen, die dort teurer ist als in Deutschland, zahlt die GKV nur das, was die Behandlung in Deutschland kostet. Den Differenzbetrag müssen Sie selbst tragen.
Was hier ebenfalls nur angedeutet wird, ist der Umstand, dass es Behandlungsformen und Medikamente gibt, die von den staatlichen Krankenkassen Ihres Reiselandes akzeptiert werden, dort also als üblich gelten, aber von deutschen GKVs nicht anerkannt werden. In diesen Fällen "besteht keine Leistungspflicht".
Auf diesen Ausdruck stößt man in diesem Zusammenhang immer wieder. "Keine Leistungspflicht" bedeutet: Die GKV kann Kosten für eine in Frage stehende Behandlung erstatten, aber sie muss nicht. Und die deutschen GKVs sind bisher nicht durch ihre großzügige Kulanz positiv aufgefallen - Ausnahmen bestätigen die Regel.
"Dabei gelten dieselben Bedingungen wie für die Versicherten des Gastlandes."
Auch dieser Satz wirkt erstmal harmlos. Er bedeutet aber: Ist die Behandlung, die Sie während Ihrer Reise brauchen, nicht Teil des Leistungskataloges der gesetzlichen Krankenkassen des Aufenthaltslandes, besteht für Ihre deutsche Krankenkasse wieder mal keine Leistungspflicht.
"Anspruch auf medizinisch notwendige Leistungen"
Laut des Bundesgesundheitsministeriums hat man als europäischer Staatsbürger "Anspruch auf medizinisch notwendige Leistungen" außerhalb des Heimatlandes. Man beachte das Wort "notwendig". Ob eine Behandlung notwendig ist oder nicht entscheidet im Zweifelsfall die Krankenkasse. Entscheidet sie dagegen, bleiben Sie auf den Kosten sitzen.
Außerdem bedeutet "medizinisch notwendig" nichts anderes als "Notfallbehandlungen". Mit anderen Worten: Viele Behandlungen, von denen wir gewohnt sind, dass unsere Krankenkasse problemlos für sie leistet, gelten im Ausland möglicherweise gar nicht als unaufschiebbare "Notfallbehandlungen" und werden dann von der Kasse nicht übernommen.
Beispiel: Beim ersten Abendessen im Hotel löst sich Ihre Zahnbrücke. Sie wollen den restlichen Urlaub natürlich nicht mit einer riesigen Zahnlücke verbringen. In Deutschland wäre das kein Problem: Der Zahnarzt setzt die Brücke schnell wieder ein, die Krankenkasse zahlt. Im Ausland geht das nicht so einfach, da das Wiedereinsetzen einer Zahnbrücke keine Notfallbehandlung ist.
Deshalb ist es wichtig, falls möglich, die Kostensituation vor einer Behandlung mit der Krankenkasse zu klären.
"Versicherte, denen dieser Versicherungsschutz nicht ausreicht, können sich gegen mögliche Erkrankungen oder einen Unfall zusätzlich privat versichern."
Wir verstehen, dass das Bundesgesundheitsministerium keine Werbung für die Versicherungsbranche machen will, und deshalb nur am Rande auf die Möglichkeit einer Privatversicherung hinweist. Fakt ist: Sie sollten sich dringend mit einer zusätzlichen privaten Auslandskrankenversicherung absichern. Das empfehlen selbst die gesetzlichen Krankenkassen, wie hier die Techniker Krankenkasse.
Weitere Problematiken bezüglich GKV-Leistungen bei Reisen
Wir wissen jetzt, dass die Abdeckung von Gesundheitskosten durch die GKV während Auslandsreisen begrenzt ist. Die genannten Punkte sind aber längst nicht die einzigen oder gar wichtigsten Deckungslücken in der GKV, wenn es um Aufenthalte im Ausland geht.
Wir sollten uns in diesem Zusammenhang Folgendes vor Augen halten: "Deckungslücke" bedeutet für uns als Verbraucher nichts anderes als "Kostenfalle". In die jeder schnell hineintappen kann, der glaubt, dass er während des Spanien-Urlaubs durch seine GKV rundum gegen Behandlungskosten geschützt ist. Dabei geht es in vielen Fällen nicht nur um den Schutz einer einzelnen Person, sondern um die Absicherung der ganzen Familie.
Länderspezifische Zuzahlungen und Gebühren
In den verschiedenen europäischen Ländern gibt es unterschiedliche Regelungen bei den staatlichen Krankenversicherungen. In vielen Ländern gibt es Zuzahlungsregelungen und Gebühren, die es in der jeweiligen Form in Deutschland nicht gibt. Das gilt sowohl für Behandlungen als auch für Arzneimittel. Die Kosten hierfür müssen Sie selbst übernehmen. Eben weil es diese Gebühren im deutschen Gesundheitssystem nicht gibt, zahlt Ihre GKV sie in keinem Fall.
Leistungen von Privatärzten
Besonders in abgelegeneren Urlaubsorten ist es üblich, dass die ansässigen Ärzte eine Privatpraxis betreiben. Das bedeutet, diese Ärzte sind nicht dem staatlichen Gesundheitssystem angeschlossen. Mit anderen Worten: Ihre Krankenkassen-Karte wird in keinem Fall akzeptiert. Sie bekommen für die Behandlung eine Rechnung und müssen diese zunächst aus eigener Tasche zahlen.
Diese Rechnung können Sie bei Ihrer Krankenkasse einreichen. Problem: Die nimmt nur deutschsprachige Rechnungen entgegen, bestenfalls englischsprachige. Keinesfalls Rechnungen in Griechisch, Spanisch, Italienisch oder in anderen Fremdsprachen. Der erfahrene Reisende weiß: Die Arztpraxis in kroatischen Fischerdorf ist eher nicht mit den Mitteln ausgestattet, Rechnungen in beliebigen Fremdsprachen ausstellen zu können. Sie werden die Rechnung in der Landessprache ausgehändigt bekommen.
In dem Fall muss die Rechnung von Fachleuten übersetzt werden. Und die Rechnung hierfür kann schon höher sein als die Rechnung, die Sie bei der Krankenkasse einreichen wollen. Wir sehen also: So einfach, wie es oft dargestellt wird, ist das mit dem "Anspruch auf medizinisch notwendige Leistungen" durch Ihre Krankenkassen-Karte nicht.
Krankentransport und medizinischer Rücktransport
Bisher haben wir von Kosten geredet, deren Spektrum von "ärgerlich" bis "schmerzhaft" reicht - es handelt sich in der Regel um drei- bis vierstellige Summen. Jetzt müssen wir über ein Kostenrisiko sprechen, das sich im Bereich zwischen "schwer belastend" und "ruinös" bewegt.
Angenommen, jemand aus der Familie rutscht bei der Inselwanderung auf Lanzarote aus und bricht sich das Bein. Diese Person muss in die nächste medizinische Einrichtung transportiert werden, entweder per Krankenwagen, oder, nicht selten bei Wanderungen auf Inseln, per Helikopter. Diesen Transport muss jemand bezahlen. Wer wird das sein?
Ihre Krankenkasse? Möglicherweise, aber verlassen können Sie sich darauf nicht. Gesetzliche Krankenversicherungen zahlen für Krankentransporte im Ausland nur unter bestimmten Bedingungen. Es geht hier um mehrere Tausend Euro. Wenn es zum Helikoptereinsatz kommt, sind wir bei fünfstelligen Summen angekommen.
Dabei reden wir hier nur von einem Transport von der Unfallstelle zum nächstgelegenen Arzt. Noch schlimmer wird es, wenn der vor Ort behandelnde Arzt einen Krankentransport zurück nach Deutschland anordnet, weil die Verletzung vor Ort nicht angemessen behandelt werden kann. Dann kommt nochmal eine fünfstellige Summe obendrauf. Die ebenfalls nicht von der Krankenkasse getragen wird.
Aber jemand muss zahlen. Und das ist derjenige, der diese Transportleistungen in Anspruch nimmt. So kann der Familienurlaub in einer finanziellen Katastrophe enden.
Fazit: kein Urlaub ohne Auslandskrankenversicherung!
Um die Eingangsfrage nach dem Sinn und Zweck einer privaten Auslandskrankenversicherung zusammenfassend zu beantworten: Sie und Ihre Familie sind durch die Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenkasse im Ausland nicht hinreichend abgesichert.
Wir haben in diesem Artikel nur von Reisen innerhalb Europas geredet, weil die Frage nach den Leistungen der GKV innerhalb Europas relativ komplex ist. Bei Reisen außerhalb Europas ist diese Frage leicht zu beantworten: In Ländern außerhalb Europas (Thailand, Ägypten, Tunesien etc.) leistet Ihre Krankenkasse überhaupt nicht.
Aber egal, ob Ihr Reiseziel innerhalb der EU-Grenzen liegt oder nicht, Sie sollten Ihre Reise auf keinen Fall ohne Auslandskrankenversicherung antreten.
Ist eine Haftpflichtversicherung im Ausland sinnvoll?
Sie gehört zu den wichtigsten Versicherungen: die eigene Haftpflichtversicherung. Diese Versicherung schützt Sie vor den finanziellen Folgen bei Schadensersatzansprüchen. Eine Haftpflichtversicherung im Ausland ist daher auch bei kürzeren oder längeren Aufenthalten unersetzlich.
Auslandskrankenversicherung für Familien mit Kindern
Wenn man zum ersten Mal als Familie in den Urlaub aufbricht, stehen eine Vielzahl von Dingen auf der Packliste und es gibt zahlreiche Aspekte zu berücksichtigen. Eine vorrangige Angelegenheit sollte dabei eine umfassende Auslandskrankenversicherungsein.