Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.9.2011 (Az.: IV ZR 227/09)
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Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.9.2011 (Az.: IV ZR 227/09)
Ob eine Erkrankung plötzlich und unerwartet ist, hängt auch von der subjektiven Sicht der versicherten Person ab. Es kommt darauf an, welche Auskunft der Versicherte von den behandelnden Ärzten konkret bekommen hatte.
Ein deutscher Staatsbürger hatte im Herbst 2007 seine Schwiegermutter mit philippinischer Staatsbürgerschaft eingeladen und schloss für sie eine Reisekrankenversicherung ab. Der Versicherungsschutz erstreckte sich laut Vertrag auf akuter, unerwarteter Erkrankung, Verletzung oder unerwarteten Todesfall. Die Schwiegermutter war herzkrank und litt an Diabetes sowie Bluthochdruck. Ein EKG vor der Reise zeigte bereits einen alten, kleineren Herzinfarkt. Eine Woche nach ihrer Ankunft in Deutschland hatte die Schwiegermutter einen weiteren Herzinfarkt und musste sich einer Bypass-Operation unterziehen. Im Anschluss an einen fünfwöchigen Krankenhausaufenthalt wurde sie weiter bis Dezember 2007 ambulant behandelt. Der Schwiegersohn reichte bei der Versicherung die Rechnungen für die stationäre und ambulante Behandlung ein. Die Versicherung wollte die Kosten allerdings nicht übernehmen. Die Begründung: Aufgrund der Vorerkrankungen und des Klimawechsels durch die Reise sei das Herzinfarktrisiko der Schwiegermutter objektiv erhöht und deshalb sei der Herzinfarkt keine unerwartete Erkrankung.
Der Schwiegersohn verklagte den Versicherer auf die Übernahme der Behandlungskosten.
Die Klage wurde angenommen, der Versicherer muss die Behandlungskosten tragen.
Der Bundesgerichtshof argumentierte, dass es im vorliegenden Fall nicht nur um den objektiven Gesundheitszustand, sondern auch um die subjektive Sicht der versicherten Person geht. Es kommt darauf an, welche Auskunft die Schwiegermutter von den behandelnden Ärzten konkret bekommen hatte: Davon hängt ab, ob die Erkrankung plötzlich und unerwartet aufgetreten ist. Weder die Schwiegermutter noch der Schwiegersohn hätten mit einem Herzinfarkt bei ihrem Besuch in Deutschland gerechnet. Nach Ansicht des Gerichts tritt jemand so eine weite Reise gar nicht erst an, wenn er weiß, dass er sich damit in Lebensgefahr bringt. Daher ist der Herzinfarkt als akute, plötzliche Erkrankung zu werten und die Versicherung muss die Behandlungskosten übernehmen. Die Behandlung der Vorerkrankungen bleibt dabei allerdings ausgenommen.
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